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Zum 50. Todestag von Wilhelm Bechtle am 17.08.2021

Mutter Luise mit ihren sieben Kindern im Jahr 1931 (v.l.): Reinhold, Mathilde, Emil, Mutter Luise, Hermine, August, Luise, Wilhelm (DZOK-A, Bechtle 2003)

„Wir Überlebenden der KZs, der Zuchthäuser rufen die Jugend dazu auf, mit uns gemeinsam die Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen und ein Deutschland ohne Militarismus, ohne Nazismus, ohne Antisemitismus zu schaffen, das einen würdigen Platz unter den Völkern innehaben kann.“

Mit diesen Worten beendete Wilhelm Bechtle einen Vortrag über das Konzentrationslager Oberer Kuhberg, in dem er selbst als überzeugter Kommunist und Pazifist gequält und misshandelt worden war, ohne dass ihn dies von seiner politischen Überzeugung abgebracht hätte.

Wilhelm Bechtle wurde am 1. Februar 1906 als drittes von sieben Kindern einer sozialdemokratischen und pazifistischen Familie in Löchgau geboren. 1919 begann er eine Lehre als Gärtner. Schon als junger Mann engagierte er sich politisch und wurde Mitglied im Kommunistischen Jugendverband Deutschlands, 1922 trat er in die KPD ein. Ab 1932 war er hauptamtlicher Sekretär der Stuttgarter KPD-Bezirksleitung und trat auch als Redner bei Demonstrationen der KPD auf.

Im Rahmen der Massenverhaftungen politischer Gegner des NS im März 1933 wurde Wilhelm Bechtle wie auch seine Brüder August und Reinhold verhaftet. Wilhelm wurde zunächst in das Polizeigefängnis Stuttgart und dann in das KZ Heuberg bei Stetten am kalten Markt gebracht, von dort in das Garnisonsarresthaus in Ulm und schließlich in das KZ Oberer Kuhberg. Nach seiner Entlassung im November 1934 arbeitete Wilhelm Bechtle als Gärtner, verteilte illegale Flugschriften und half seinen ehemaligen Mithäftlingen Anton Waibel und Alfred Lauterwasser nach deren Flucht aus dem KZ Oberer Kuhberg. Am 15. Mai 1935 wurde er deshalb erneut verhaftet und es begann ein langer Leidensweg durch verschiedene württembergische Gefängnisse und Haftanstalten. Sein Bruder Reinhold war nach der Haft am Heuberg und Kuhberg im Jahr 1937 erneut verhaftet worden, da er sich als Fluchthelfer in die Schweiz engagierte, er starb im Januar 1938 im KZ Welzheim. Als Wilhelm Bechtle 1940 selbst nach Welzheim gebracht wurde, berichteten ihm Mithäftlinge, wie sein Bruder ermordet worden war. Im April 1945 wurde Wilhelm zusammen mit den letzten verbliebenen Häftlingen auf einen Todesmarsch Richtung Bodensee getrieben und hier von alliierten Truppen befreit.

Nach 1945 wurde Wilhelm Bechtle Vorsitzender der KPD in Württemberg, 1947 Stadtrat in Stuttgart und hauptamtlicher Parteifunktionär tätig. Zudem war er zwischen 1952 und 1953 Teil der verfassungsgebenden Landesversammlung Baden-Württemberg und bis zum Verbot der KPD 1956 Abgeordneter des Landtags. 1959 wurde er hauptamtlicher Mitarbeiter und geschäftsführendes Mitglied des Präsidiums der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) in Frankfurt am Main.

Wilhelm Bechtle verstarb am 17. August 1971 in Stuttgart.

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