Erste Skandalisierungen, kleine Zeichen: 1958-1967
Es ist vorerst eine winzige Minderheit, die in Ulm das Beschweigen der jüngeren Vergangenheit durchbricht, die Kontinuitäten zur NS-Zeit anprangert und an Tabus rührt. Der Ulmer Einsatzgruppenprozess von 1958 rückt erstmals den Holocaust wieder ins Scheinwerferlicht. Als sich der Traditionsverband der Waffen-SS am Volkstrauertag 1960 im Münster trifft, skandalisiert dies lediglich der Kreis um den Juristen Fritz Hartnagel. Die Mehrheit aber findet nichts dabei, dass Veteranen jener Organisation, die am Holocaust und deutschen Kriegsverbrechen maßgeblich beteiligt war, öffentlich auftreten.
Es sind Einzelne, die gegen den fortwährenden Antisemitismus mit Strafanzeigen und politischen Aktionen vorgehen. Ehemalige Häftlinge des KZ Oberer Kuhberg demonstrieren 1957 mit einem Schweigemarsch in Ulm und fordern ein Erinnerungszeichen am Ort ihres Leidens. Oberbürgermeister Theodor Pfizer zeigt sich nun eher aufgeschlossen für kritische Positionen. Mit Gedenktafeln und Dokumentationen werden die ermordeten Juden und Jüdinnen und die politisch Verfolgten mehr in das städtische Erinnern einbezogen.