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Zur Erinnerung an Esther Bejarano

Esther Bejarano bei der Eröffnung der Dauerausstellung in der KZ-Gedenkstätte Oberer Kuhberg 1985. Foto: Archiv DZOK Ulm A 1084.

Im Alter von 96 Jahren ist die Holocaust-Überlebende Esther Bejarano geb. Loewy gestorben

Noch am 3. Mai 2021 hielt Esther Bejarano eine Rede mit der Überschrift „Wir sind da! Meine Befreiung im Mai 1945 und meine Hoffnungen“. Für sie war der 3. Mai ihr zweiter Geburtstag, der Tag an dem sie vor 76 Jahren befreit worden war.

Geboren wurde Esther Bejerano am 15. Dezember 1924 in Saarlouis als jüngstes von insgesamt vier Kindern, ihr Vater war jüdischer Religionslehrer und Kantor, die Familie zog Anfang 1936 nach Ulm, wo er für die jüdische Gemeinde arbeitete. Esther besuchte das jüdische Landschulheim Herrlingen bis zu dessen Auflösung 1939 und danach noch einige Monate die jüdische Schule in Ulm. Nach der brutalen Misshandlung des Vaters im Novemberpogrom 1938 und der Beschlagnahmung ihrer Wohnung zog die Familie 1940 nach Berlin. Esther bereitete sich in einem Lager auf die Auswanderung nach Palästina vor, was nicht mehr gelang. Sie wurde mit anderen Jugendlichen zur Zwangsarbeit gezwungen und 1943 nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Sie überlebte die KZ-Zeit und auch den Todesmarsch aus dem Frauen-KZ Ravensbrück, in das sie verlegt worden war. Nach der Befreiung wanderte die junge Frau nach Israel aus, kehrte 1960 jedoch mit ihrem Ehemann und ihren zwei Kindern nach Deutschland zurück.

Seit Ende der 1970er Jahre engagierte sich Esther Bejarano in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA), trat als Zeitzeugin in Schulen auf und war Mitbegründerin des Auschwitz-Komitees in der BRD. Zusammen mit Tochter Edna und Sohn Joram gründete sie Anfang der 1980er die Gruppe Coincidence mit Liedern aus dem Ghetto und jüdischen sowie antifaschistischen Liedern, seit 2009 trat sie mit der Kölner Hip-Hop-Gruppe „Microphone Mafia“ auf. Für ihr künstlerisch-politisches Engagement erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen.

Sie hat sich auch hier in Ulm tatkräftig für die Errichtung der KZ-Gedenkstätte Oberer Kuhberg eingesetzt und war seit Mitte der 1990er Jahre Mitglied des Vereins. Das Foto zeigt sie bei der Eröffnung der Dauerausstellung 1985. Wir sind ihr dankbar für ihre langjährige Unterstützung und ihr Engagement in Ulm, das sie zu vielen unterschiedlichen Gelegenheiten zeigte, zuletzt bei einem Auftritt 2018 im Stadthaus Ulm mit „Microphone Mafia“.

Wir werden das Andenken an Esther Bejarano und ihre Anliegen weitertragen, den Blick von der Vergangenheit auf die Gegenwart zu richten und für eine andere, bessere Gesellschaft ohne Diskriminierung und Verfolgung einzutreten.

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